MEIN HERZ IST EIN SCHMELZENDES DING
Erotico-Inestable
Wenn ich Gedichte schreibe,
Fürchte ich, eine lächerliche Metapher heraufzubeschwören,
Deren Bedeutung mein Herz der Witterung aussetzt
Und dann könnte es schimmeln und verrotten
Oder denken, es sei ein Mensch und würde betteln
Und würde von Unverständnis und Elend heimgesucht.
Ich fürchte sogar, auf mein Herz anzuspielen,
Da ich nicht weiß, was es ist
Noch woraus es besteht,
Wenn es überhaupt besteht.
Es streift umher, mein Herz, taumelnd,
Klammert sich an all das, was es liebt.
Liebt und weiß trotz dessen nicht, was es liebt*,
Nicht einmal, ob es wahrhaftig liebt
Oder ob es solche Wahrheit gibt.
Nie ist es etwas, das sich infrage stellt:
Es stimmt der Welt zu, um weiter zu bestehen.
Und so liebt es in Wahrheit und in Lüge
Und mit Beharrlichkeit und Freude
Und mit Leichtigkeit und Schwere.
Es hat Recht so zu tun, als handle es sich um ein Spiel.
Aber es vergisst, dass es Herz ist
Und denkt, es sei ein Mensch
Und verwickelt sich in die Kindlichkeit des Lebens
Und, gelegentlich, trennt es sich auf.
Um es zusammenzubasteln, gehorche ich
Dem Befehl, es zu erhören
Aufmerksam, geduldig.
Doch wenn ich mein Gehör verschärfe
Schmilzt es mir im Innern dahin.
Es lullt mich ein und macht mich schwindelig
Mit seinem schillernden Dunst,
Mit seinem ockerfarbenen Geruch.
Es singt Lieder des Nebels und des Schaums,
Und widmet sie anderen durchgeknallten Herzen,
Und spottet über meine Füße am Boden,
Und lacht über meinen Kopf in den Wolken,
Und verwandelt meine Aphorismen in Witze,
Und so meine Mühen in Eitelkeiten.
Mein Herz ist ein schmelzendes Ding,
Und wenn ich es bezeichne,
Scheint es mir eine lächerliche Metapher
Eine Figur, leer und verwelkt
Und blutgeschwollen und schmachvoll
Ja, ich könnte mich einfach auf meinen Darm beziehen,
Oder die Metapher „Herz“ für etwas fantasmagorischeres austauschen.
Ein Geist, zum Beispiel.
Doch über Geister weiß man viel und über mein Herz nichts.
Diese freudige Seele, noch nicht sterbend,
benenne ich, nicht ohne Furcht, „mein Herz“.
Denn ich fürchte, eine lächerliche Metapher heraufzubeschwören,
Und mich so dem Unverständnis der Außerwelt auszusetzen,
Und anfangen zu denken, ich sei eine Person,
Und anfangen zu glauben, dass ich verstanden werde.
Anorganisches Organ,
Künstlicher Bann, dem ich für immer unterworfen bin.
Es schreit, tanzt, singt, weint.
Es trotzt wie ein Liebender: wie ein Kind
Und füllt meine Pupillen mit Geschrei
Und seine Wirbelwinde überfluten die Ränder meines Körpers
Und dann schreie ich, tanze, singe, weine
Und manchmal, nur manchmal,
Schreibe ich.
*Klare Anspielung auf Fernando Pessoa, wenn er schreibt:
(...) Ich habe keine Philosophie, ich habe Sinne...
Wenn ich von der Natur spreche, dann nicht, weil ich weiß, was sie ist.
sondern weil ich sie liebe, und zwar aus diesem Grund,
Denn wer liebt, der weiß nicht, was er liebt.
oder warum sie lieben, oder was Liebe ist.
Zu lieben ist ewige Unschuld,
Und die einzige Unschuld ist, nicht zu denken.